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Blogpost aus Mora


2024-10-25

Die Prometheus-Sage - Teil 4

1
Faskane wuchs über die Jahre hinweg zu einer geschickten Kriegerin heran, deren Talent der Waffenführung sich am stärksten beim Tragen einer Doppelaxt und einer Pelle, einem halbmondförmigen Schild aus Eisen, äußerte. Als sie zur Frau herangereift war, war für Mutter und Tochter die Zeit gekommen, zu den Menschen zurückzukehren, um sie von der Tyrannei des Zeus’ zu befreien.
2
Als Athon wie unzählige Male zuvor brennend über das Land kroch und dazu ansetzte, Prometheus’ Leber herauszureißen, stellten sich die Geliebte und die Tochter des Titanen der lodernden Seeschlange entgegen. Ein heftiger Kampf entbrannte zwischen dem Sohn des Poseidons und den beiden Göttinnen. Athene und Faskane hatten ihre übernatürliche Weisheit und herausragenden Kenntnisse der Kriegskunst. Athon hingegen trumpfte mit der monströsen Stärke eines Wesens auf, das die Flammen der Unterwelt selbst in sich trug.
3
Zuerst schien es, als würde die rohe Kraft über die Fertigkeit siegen. Athon bedrängte Athene und als Faskane versuchte, den Druck von ihrer Mutter durch einen Angriff in die Flanke zu nehmen, verließ sie das Glück. Das Eisen der Doppelaxt der Titanentochter war zuvor durch die vielen Schläge auf den brennenden Schuppenpanzer der Schlange geschwächt worden, sodass sie bei diesem Schlag zersprang und vollends von den giftgrünen Flammen zerfressen wurde. Der Verlust der Waffe riss eine Lücke in die Verteidigung Faskanes, die Athon noch zusätzlich weitete, indem er sie mit einer plötzlichen Verlagerung seines Angriffes überraschte und ihr mit seinem Maul den Schild entriss. Er schleuderte diesen weiter weg, als ein Mensch blicken konnte, und sprang dann Faskane an die Kehle, während sich sein langer Schlangenkörper um den Rest ihres Körpers wand. Mit einem Würgegriff einfacher Natur, aber voller übernatürlicher Erbarmungslosigkeit wollte Athon der Titanentochter jegliches Leben auspressen, während seine Flammen verzehrend über ihre Haut tanzten. Doch da peitschte eine von göttlicher Hand geschmiedete Kette heran, wickelte sich um den Rachen der Seeschlange und begann, den Würger zu würgen.
4
Der tobende Kampf hatte noch andere Auswirkungen, als nur Verletzungen göttlichen Ausmaßes und verbrannte Erde. Der angekettete Prometheus war über die Jahre gebrochen worden. Er hatte jeglichen Mut zum Widersetzen verloren und sein Willen als Hüter der Menschen war erloschen. Doch als er seine geliebte Athene und seine Tochter Faskane, die in ihren Gesichtszügen dieselben Zeichen der Entschlossenheit und der Unabhängigkeit trug, die ihn noch vor kurzer Zeit – war es wirklich nur Menschenjahre her, als Zeus ihn anketten ließ? – auszeichneten.  Auf einmal kam sich der Menschenschöpfer wie ein Narr vor. Er hatte sich tatsächlich so viele Jahre brechen lassen, während die Menschen litten und die stolze Athene mit ihrer gemeinsamen Tochter sich verstecken musste, sie alleine aufziehen müssend. Der Hass auf Zeus schlug in ihm hoch, doch diesmal war es nicht der heulende und unerhört erklingende Zorn eines Besiegten. Diesmal wurden die Flammen der Wut von der Anklage genährt, die er gegen sich selbst erhob.
5
Mit ganzer Kraft stemmte sich Prometheus gegen den Felsen, der so lange sein Gefängnis gewesen war. Und in diesem Augenblick offenbarte sich das Einwirken Giles’ unermüdlicher, jahrelanger Maloche. So wie der stetige Tropfen den Stein aushöhlte, hatte sein unerlässliches Schlagen das Eisen der gewaltigen Ketten geschwächt. Augenscheinlich schien der Schaden gering zu sein, doch wie eine tückische Krankheit einen Körper innerlich schwächte, sorgten die sterblichen Bemühungen dafür, dass die Ketten im entscheidenden Moment brachen. Prometheus riss sich los und brach dabei eine Schneise aus dem Berg heraus. Giles stand ungünstiger Weise auf einer Felsspitze, die mit einbrach, doch er wurde sanft und sicher von dem dankbaren Titanen aufgefangen und auf einen stabileren Berghang gesetzt, von wo aus der Mensch zusehen konnte, wie sich der Menschenvater in den Kampf stürzte.
6
An den Händen des Titanen befanden sich immer noch die Fesseln und Teile der Ketten. Ohne groß zu zögern benutzte Prometheus die Mittel für seine Gefangenschaft als Waffe, in dem er eine der Ketten über seinen Kopf kreisen ließ und sie dann im hohen Bogen Athon entgegenwarf. Die Ketten wickelte sich um den Rachen der Seeschlange, worauf Prometheus kräftig zog und so die Bestie würgend von seiner Tochter zog, sodass der eiserne Griff des Schlangenkörpers sich lockerte. Faskane nutzte diesen Moment der eisenharten Ablenkung und schlug sowie trat der Schlange so lange in die Schuppen, bis sie freikam. Auch Athene ließ keinen Moment ungenutzt verstreichen und warf ihren Speer, sobald Faskane und Athon sich voneinander trennten. Der goldene Speer traf die Seeschlange knapp unter dem immer noch umketteten Rachen und riss sie mit seiner Wucht sowohl um als auch hoch. Den fehlenden Bezug zum Boden nutzte wiederum Prometheus aus, um die Seeschlange mit einem kräftigen Ruck zu sich zu ziehen und dann die Herbeifliegende mit einem zornerfüllten Schlag in den Boden zu rammen.
7
Stille trat ein. Ein Titan, eine Göttin, eine Titanentochter und ein Sterblicher sahen auf den gebrochenen Leib Athons herab, der leblos in seinem eigenen, brennenden Blut lag. Langsam, aber sicher schrumpften die Flammen der Unterwelt und erloschen. Um dann aber mit noch größerer Heftigkeit erneut hochzuschlagen. Prometheus wurde von dem entgegenschlagenden Feuer überrascht. Er konnte nur noch seine Arme schützend vor sein Gesicht halten. Die Flammen fraßen sich durch sein Fleisch, brannten das Eisen der Ketten in es hinein und hinterließen als leuchtende Zeugen glühende Brandwunden, die den Titanen für immer zeichnen sollten.
8
Doch die Flammen suchten nicht nur Prometheus heim, sie verbrannten auch ihren eigenen Hort. So wie eine gewöhnliche Schlange ihre alte Schuppenhaut abstreifte, um Platz für ihre neue Haut zu schaffen, so entledigte sich Athon seines Körpers aus Fleisch und Blut, um eine anzunehmen, die die Verkörperung eines brennenden Meeres glich. Als Wesen aus puren Flammen erhob sich Athon wieder, während Athenes goldene Speer durch ihn fiel, auf das Land fallend und dabei eine Schlucht schaffend. Unangreifbar für Prometheus geworden, wollte die Seeschlange den Titanen angreifen, doch da griff eine Kampfteilnehmerin ein: Faskane. Die Kriegerin ohne Furcht griff von hinten tief in den Rücken der Schlange hinein. Doch auch sie konnte Athon nicht fassen und stattdessen griffen die Flammen auf sie über, drohend sie zu verschlingen.

Der nächste Teil der Sage wird in zwei Wochen, am 08. November 2024, veröffentlicht.

Admin - 10:04:11 @ Mythen, hellenische Kultur | Kommentar hinzufügen