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Blogpost aus Mora


2023-11-24

Epios und Artemis - Teil 2

1
Weitere Fragen konnten nicht gestellt werden, denn plötzlich zerriss ein schriller Schrei die Nacht. Eine Walküre, sonst furchtlos, hatte den frei gewordenen Wolf entdeckt und verfiel der Hysterie. Rasch war ganz Asgard alarmiert. Der Wolf fletschte die Zähne in Richtung der anstürmenden Walküren und Krieger, bevor er einen raschen Blick zurück zu dem komischen Männchen warf. Jenes war jedoch spurlos verschwunden, etwas worüber aber der Wolf nicht weiter sich wundern konnte, denn schon stach der erste Speer nach ihm. Ein sehr einseitiger Kampf begann, in dem der Wolf durch die Masse stürmte, Mann wie Frau davonfegend und immer wieder einen Unglücklichen zwischen die Zähne bekommend. Nichts konnte ihn aufhalten, nicht einmal die stolzen Mauern Valaskjalf. Tatsächlich riss die Toberei des Wolfes eine Hälfte ein, wobei auch Odins Thron unter den Schutt begraben wurde. Allerding nicht bevor der Wolf diesen noch einmal als sein Revier markierte.
2
Nicht einmal die Götter konnten ihn etwas anhalten, denn zu sehr erschwerte die Furcht wie Tyr ein Körperteil zu verlieren ihre Schwertarme. Doch dann bohrte sich, nein durchschlug fast ein Pfeil seinen Torso und riss ihn von allen vier Pfoten, gegen eine der vielen Statuen Odins schleudernd. Jubel wurde laut und die Krieger und Walküren, selbst die Götter schlugen ihre Schwerter auf die Schilde, zum Gruß der Gestalt, die auf einem Pferd über die Regenbogenbrücke Bifröst reitend in Asgard einkehrte. Der Wolf erkannte ihn sofort: Es war der stille Sohn Odins. Der Mann, dem man vorhersagte, dass er den Wolf töten würde: Vidar. Über seine Lippen kamen keine Drohungen, keine Hetze und auch keine Herausforderung, so wie es seinem Bruder Thor sofort entrungen wäre. Stattdessen spannte Vidar stumm einen weiteren Pfeil auf seinen Bogen und entließ ihn, ehe der Wolf reagieren konnte. Erneut schlug es ihn um, diesmal in einen Springbrunnen hinein, dessen Wasser wie eine kleine Flut entfloh. Rasch rappelte sich der Wolf auf und tat jenes gleich, erneut etwas zum ersten Mal verspüren: Todesfurcht. So verfolgte Vidar den fliehenden Wolf, weitere Pfeile verschießend, doch diesmal konnte der Wolf sich hinter Mauern fliehend verstecken. Doch seine beiden tiefen Wunden bluteten unentwegt und mit jedem Tropfen schwand seine Stärke. Der Wolf wurde langsam, sodass Vidar näherkam. Immer näher schlugen die Pfeile ein, den Wolf nun kaum noch verfehlend. Die Furcht wuchs unentwegt und trieb den Wolf zu einer letzten Verzweiflungstat: Er sprang von Bifröst, herab zu Midgard. Vidar wagte es nicht, ihm zu folgen, konnte aber noch einen letzten Pfeil abfeuern, der das rechte, hintere Bein des Wolfes abtrennte.
3
In eine für ihn völlig unbekannte Welt herabgefallen, musste sich der große Wolf auf seine Instinkte verlassen, die ihm bei der Jagd halfen und ihn die Siedlungen der Menschen meiden ließ. Ihm fiel es nicht schwer, seinen Hunger zu stillen, denn selbst mit nur drei Beinen war er schneller als die meisten Tiere und keines konnte ihm an Stärke übertreffen. Doch dafür machten ihm die Menschen zu schaffen: Vom Aufruf der Götter angestachelt begannen sie eine Hetzjagd auf ihn. Zwar war der einzelne Mensch schwach, doch wenn er sich mit anderen zusammentat, wurde er zu einer Kraft, die unentwegt den Wolf anfiel, ganz gleich wie viele er von ihnen zerriss. Somit konnte der Wolf nicht lange an einem einzelnen Ort verbleiben und musste unentwegt durch die Wälder streifen, keinerlei Rast war ihm gegönnt. Hierbei wanderte er eher zufällig von dem kalten Norden herab in den wärmeren Süden, bis hin ins Land der Hellenen. Zwar reichte der Einfluss der nordischen Götter nur wenig hierher, sodass dem Wolf anfangs endlich etwas Ruhe gegönnt war. Jedoch begannen dann auch die Hellenen auf ihn aufmerksam zu werden, denn die Kunde über einen gewaltigen Wolf mit Fell so schwarz wie die tiefste Nacht und der Zyklopen riss, verbreitete sich rasch. Viele Jäger wurden von Königen und Politikern beauftragt, diese Bestie zu erlegen, bevor sie zu viel Schaden in den Ländereien der einzelnen Stadtstaaten anrichten konnten.
4
Doch nicht wenige wollten den Wolf für ewigen Ruhm und Ehre erlegen. Einer jener Wagemutige war unter den Namen Aktaion bekannt, ein junger, prächtiger Mann, durch dessen Adern göttliches Blut pochte. Er galt als äußert hochmütig und nie um ein selbstbewusstes Wort verlegen, obwohl seine Fähigkeiten mit dem Bogen als eher eingeschränkt galten. Doch dies wusste er mit seinem treuen Rudel an Jagdhunden auszugleichen, die selbst den flinksten Hirsch zu umzingeln wussten. Somit verfolgte Aktaion mit seinen Gefolgsleuten und seinem Rudel die Spur des gewaltigen Wolfes. Lange und mühsam war die Verfolgung, doch letztendlich gelang es ihnen, ihre Beute an einem verregneten Tag ausfindig zu machen. Der Wolf hatte Schutz vor den Überfall der Tropfen in einer finsteren Höhle gesucht, in die sich Aktaion mit seinem gesamten Gefolge und Rudel nicht hineintrauen wollte. Deshalb überlegte er sich, dem Wolf außerhalb der Höhle eine Falle zu legen. Wofür aber diese Bestie zuallererst herausgelockt werden musste. Da er sich nicht einen Feigling schimpfen lassen wollte, trat Aktaion furchtlos in die Höhle, nur von seinem Leibsklaven begleitet. Mit dem Schein einer Fackel suchte der junge Halbgott die Höhle ab, bis er letztendlich zurückwich, überrascht von einem Steinhaufen, der sich regte. Denn es handelte in Wahrheit um den Wolf, der sofort nach den beiden biss. Doch diese konnten den Biss mühelos entkommen, denn dieser erwies sich als lustlos. Der Wolf kam gerade von der Jagd zurück und verdaute die Reste einer Hydra, die sich immer noch in seinem Magen regte. Ihm war überhaupt nicht nach Anstrengung und er wollte deshalb die Menschen nur vertreiben. Den Leibsklaven hatte der Wolf auch bereits mit seinem Knurren in Angst und Schrecken versetzt, sodass dieser davongerannt wäre, wenn ihn nicht sein Meister am Arm festhielte. Der standfeste Aktaion hingegen verspürte keine Furcht, sondern Verwunderung. Denn er hatte in seinem ganzen Leben noch nie Augen wie die dieses gewaltigen Wolfes gesehen. Es waren nicht die wilden Augen eines ungezähmten Tieres und auch nicht die wahnsinnigen einer Bestie. Doch sie glichen auch nicht den sanften eines treuen Hundes. Doch die einzigen Kreaturen, die nicht entweder wild oder gezähmt waren, waren die Menschen. Und die Götter.
5
Aktaion fragte auf Hellensich nach den Namen des Wolfes. Und tatsächlich antwortete der Wolf ihm, jedoch in einer anderen Sprache, die der junge Halbgott nicht verstand. Doch wie das Schicksal so wollte, stammten der Sklave an seiner Seite aus dem Norden und verstand die Sprache, sodass er seinem Meister mitteilen konnte, dass der Wolf verlangte, dass man ihn in Frieden ließ. Aktaion befahl seinen Sklaven, die Frage nach dem Namen zu wiederholen, doch der Wolf beharrte auf seinem Verlangen nach Ruhe und knurrte erneut bedrohlich. Diese fruchtlose Unterhaltung gab dem jungen Halbgott genug Zeit, um den Wolf im Schein der Fackel genauer zu betrachten. Aufgrund des Halbdunklen und des schwarzen Felles war es schwer zu sagen, doch Aktaion glaubte keine Wunden oder Narben sehen zu können, bis auf die zwei riesigen Pfeile, die im Leib steckten, und die fehlende Hinterpfote. Er wusste, dass der Wolf stetig jagte, was bedeuten würde, dass er entweder nie verletzt wurde oder seine Wunden rasch verheilten, was auf seine Göttlichkeit hindeutete. Gestärkt fühlte er sich zudem dadurch, dass die beiden Pfeile silbrig leuchteten, was wohl bedeutete, dass diese göttlichem Handwerk entstammten. Vor allem, da man ein Riese sein müsste, um sie nur aufzuheben. Eindeutig war aber, dass sie den Wolf quälten, ihn stetig ausbluteten. Ein schwächeres Wesen wäre bereits vor langer Zeit verendet.

Der nächste Teil der Geschichte kommt am 08. Dezember 2023 heraus.

Admin - 09:59:13 @ Mythen, nordische Kultur, hellenische Kultur | Kommentar hinzufügen