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Blogpost aus Mora


2024-10-11

Die Prometheus-Sage - Teil 3

1
So legte sich eine nur immer wieder vom Abendrot durchbrochene Finsternis über die Lande der Menschen, die selbst von dem größten Leuchtfeuer ein kleines Stück zurückgedrängt werden konnte. Für die Menschen begann ein dunkles Zeitalter, so finster, dass manche von ihnen brachen, wie unter anderem die Könige von Kreta. Flehend schworen diese Verräter Zeus die Treue und boten ihm Opfergaben dar. Dafür gewährte der Göttervater ihnen nicht nur die Gunst des Olymps, er befahl Hermes sogar, jeden Tag kleine Schnitte in den Schleier vorzunehmen, auf das winzige Scheine Tageslicht auf die Lande der Verräter fielen.
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Doch viele der Sterblichen widersetzten sich weiterhin dem Olymp und nutzten alle die von Protos verteilten Gaben, um ein Leben in der Finsternis zu führen. Nach einer Handvoll Generationen dämmerte es Zeus, dass viele Menschen wahrhaftig eher im Dunkeln ihr Dasein fristen wollten, anstatt sich ihm zu unterwerfen. In seinem nicht abschwellen wollenden Zorn blickte er von seinem Thron auf dem Olymp über die in Schwärze getauchten Länder der Menschen. Als er den Feuerschweif des rennenden Protos erblickte, überkam ihn nicht nur noch mehr Wut, sondern auch eine Idee. Er rief seinen Sohn Hephaistos zu sich und befahl ihm, es Prometheus gleichzutun und aus Lehm eine unwiderstehliche Frau zu formen. Der Hinkende befolgte Zeus’ Worte und mit der Hilfe der anderen Götter des Olymp schuf er Pandora, eine wunderschöne Frau mit lieblicher Stimme, eingekleidet in edle Gewänder und behängt mit bezauberndem Schmuck. Mit einem Krug in den Händen stieg Pandora vom Olymp herab und reiste zu Prometh-Athen, wo sie von Epimetheus empfangen wurde, der die Position seines gefangenen Bruders Prometheus übernommen hatte. Zwar hatte der vorausschauende Prometheus bevor er angekettet wurde seinen jüngeren Bruder davor gewarnt, irgendwelche Geschenke von dem Olymp anzunehmen. Doch Epimetheus schlug den gut gemeinten Rat in den Wind. Insgeheim hatte er immer seinen älteren Bruder um seine enge Beziehung zu der schönen und weisen Athene beneidet. Als ihn nun die liebliche Pandora schöne Augen machte, konnten er deshalb nicht anders, als sich ihr hinzugeben, sie mit offenen Armen zu empfangen und leichtfertig das Geschenk anzunehmen. Doch als Epimetheus den Krug öffnete, entwichen üble Flüche, die von den Göttern des Olymps geschaffen worden waren. Krankheit, Dürren, Streit und viele andere schlimme Dinge schlichen nun unter den Sterblichen umher und suchten sie stetig heim, das Leben zu einem Albtraum werden lassend.
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Selbst das brach zwar noch nicht alle Menschen, doch das Leben in der Dunkelheit wurde harsch und trübsinnig. Und das einzige Leuchten, das zu einer Stunde am Tag die Welt erhellte, sollte den Sterblichen jedes Mal das Blut in den Adern gefrieren lassen: die grünen Flammen der Seeschlange Athon.
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Athon war einer der weniger ansehnlichen Söhne des Meeresgottes Poseidon und war von diesem wenig geliebt worden. Als junge Schlange hatte sich Athon voller Selbstzweifel und hass in die brennenden Fluten des Unterweltflusses Phlegethon gestürzt. Doch anstatt als Asche Teil des Flusses zu werden, nahm sein Körper die giftigen Flammen der Unterwelt in sich auf und Athon wurde zu einer monströsen Seeschlange, die von nun an die Meere in Brand setzte, die sie durchschwamm. In dieser Form konnte er endlich die Aufmerksamkeit seines Vaters Poseidon erhaschen, welcher Athon von dieser Zeit an als Handlanger nutzte, um jene zu bestrafen, die ihn erzürnt hatten.
Zu jenen gehörte auch Prometheus, weshalb Athon jeden Tag aus dem Meer kroch, brennend über das Land schlängelte, wobei er Jagd auf unvorsichtige Menschen machte, um am Ende dem wehrlosen, an den Fels geketteten Prometheus die Leber herauszureißen. Da bei einem Gott die Leber an einem Tag wieder nachwuchs, wiederholte sich dieser Albtraum tagtäglich und vermutlich wären sowohl Prometheus als auch die Menschen mit dieser Tortur irgendwann gebrochen worden.
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Doch es gab zwei Umstände, von denen der Göttervater nichts wusste und die ihn zu Fall bringen sollten. Der eine war, dass sein Rückhalt bei den anderen Göttern des Olymps nicht so solide war, wie er glaubte. Hephaistos hegte im Geheimen eine Sympathie für Prometheus, denn er sah in ihm einen Bruder im Geiste. Als der Schmiedegott geboren worden war, hatte Hera, seine eigene Mutter, ihn vom Olymp geworfen, weil er klein, schwach und hässlich war. Wenn die Meernymphen Thetis und Eurynome ihn nicht gefunden und aufgezogen hätten, wäre er gestorben. Seinen Platz im Olymp musste er sich hart erarbeiten und war trotzdem nicht von der Verachtung der anderen befreit worden. Er hatte ähnliche Erfahrungen wie Prometheus gemacht und beschloss deshalb, dem Unglückseligen zu helfen, indem er Zeus wortgenau gehorchte: Die neugeschmiedeten Ketten ließen sich nicht von Göttern brechen.
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Doch das schloss nicht die Menschen ein. Mit einem prachtvollen, von ihm geschmiedeten Amulett bestach Hephaistos den Gott der Träume Morpheus, damit dieser die Botschaft den Hellenen im Schlaf zuflüsterte. Während die meisten daraus unbewusst Hoffnung schöpften, nahm ein junger Schmiedegeselle mit den Namen Giles den stillen Auftrag göttlicher Natur an. Mit seinem Schild, einem Speer und einem großen Hammer brach er aus seinem Dorf auf und wanderte ohne Angst durch die ewige Dunkelheit, bis er das Dusakon-Massiv erreichte. Dort fand er den bereits in Mutlosigkeit versunkenen Prometheus vor und kletterte trotz dessen Wehklagen, dass es keine Hoffnung gäbe, die Felswand empor. Oben angekommen, begann er, mit dem Hammer auf die riesigen Ketten einzuschlagen. Tag für Tag schlug er Stunde für Stunde auf das Eisen ein und machte nur Rast, um zu essen, zu schlafen und um sich vor Athon zu verstecken, wenn dieser kam, um Prometheus’ Leber zu verschlingen. Nach zwei Wochen unermüdlichen Schuftens hatte Giles nur eine kleine Schramme in das Eisen schlagen können. Ihm dämmerte, dass er eine Aufgabe für Jahre vor sich hatte. Doch seine Vorräte waren verbraucht und er hätte hinunterklettern und den weiten Weg zurückgehen müssen, um sich neu einzudecken. Doch da bekam er unverhoffte Hilfe: Eulen, die selbst in der ewigen Dunkelheit sahen, brachten ihm Wasser und Wein in Trinkschläuchen, frisch erlegte Wachteln und Kaninchen und trockenes Feuerholz. Durch ihre Hilfe konnte Giles auf den Felsen ausharren und über Ewigkeiten hinweg weiter an den Ketten arbeiten, während er Prometheus Mut zusprach.
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Die hilfsbereiten Eulen waren von ihrer Herrin entsendet worden, der ins Exil geschickten Athene, die der zweite Umstand sein sollte, der Zeus den Sieg über die Menschen kosten würde. Zwar verfiel sie zuerst tatsächlich in der Einsamkeit der Ferne dem Trübsal, wie der Göttervater es erwartet hatte. Doch er ging fälschlicherweise davon aus, dass dieser Umstand dauerhaft wäre und seiner Tochter jeglichen Kampfeswillen rauben würde. Denn der Herr des Himmels ahnte nicht, dass das Band der Freundschaft zwischen der Kriegsgöttin und dem Titanen sich zu einer innigen Verbundenheit der Liebe gefestigt hatte. Und dass Athene ein Kind unter ihrem Herzen trug, als sie verbannt wurde.
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In einem fernen Land, bestehend aus im Schein der ewigen Nacht erkaltendem Sand, gebar Athene eine Tochter, der sie den Namen Faskane gab. Weit weg vom Einfluss des Zeus’ zog die Mutter die Tochter auf und lehrte ihr die Künste des Krieges. Währenddessen blieb der Kriegsgöttin dank ihrer Eulen nicht verborgen, welches Leid die Menschen und ihr geliebter Prometheus in der Finsternis überkam und dass es aber immer noch Hoffnung gab, weshalb sie ihre gefiederte Diener befahl, Giles bei seiner kolossalen Aufgabe zu unterstützen.

Der nächste Teil der Sage wird in zwei Wochen, am 25. Oktober 2024, veröffentlicht.

Admin - 08:27:54 @ Mythen, hellenische Kultur | Kommentar hinzufügen

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